Eine moderne Kläranlage…

…hat ein Problem – einen “gewässerschädlichen” Schönungsteich.

Ein beliebiger Schönungsteich bei dem der Ablauf mitunter unschöner als der Zulauf ist.

Der Schönungsteich – einer nicht näher genannten Kläranlage – macht nämlich nicht das was er soll. Er macht den Ablauf der Nachklärung nicht immer schöner, sondern mitunter auch schön schmutzig.

Die Natur und damit auch ein Gewässer vermag nämlich sich nicht nur selbst zu reinigen – was dem umweltpolitisch geschulten Leser ohnehin schon schwer fällt zu begreifen – sondern und das ist die eigentliche Unverschämtheit – ein Schönungsteich, wie auch jeder andere Teich beschmutzt sich mitunter selber!

Das Wasser kommt also manchmal dreckiger – nicht immer – heraus, als es hineinfließt! Das ist unschön und ein Phänomen, das ein leidgeprüfter Abwasserzweckverband auch von Abwasserteichen kennt! Um nur kurz das Thema zu verlassen: Hier erkennt man, dass der Stand der Technik, – Schönungsteiche sind Stand der Technik -  mitunter ganz schön einfältig sein kann.

Also zum Verständnis und für den Anfang ein ganz einfaches Beispiel der Naturselbstverschmutzung: Man stelle sich einen Büffel vor! Der grast und grast und grast. Und plötzlich – fast wie aus heiterem Himmel – fällt – für den Stadtmenschen natürlich völlig unerwartet und absolut unvorstellbar – ein mächtiger Fladen aus ihm heraus. Ich meine aus dem Büffel! Monatelang wächst an der Stelle kein Gras mehr und der Regen spült die löslichen Stoffe des Fladens in das Grundwasser – der undenkbar schlimmste Fall für einen besorgten Grundwasserschützer.

So etwas darf einfach nicht vorkommen! Das ist die Selbstverschmutzung der Natur und dafür “gehört sie eingezäunt!”

Und nun kommen wir zu einem etwas schwierigeren Beispiel. Es gibt “gewässerselbstverschmutzende” Algen, die eigentlich Bakterien sind, die pfeifen auf die Stickstoffentfernung der Kläranlagen und holen sich ihren Stickstoff unerlaubt aus der Luft. Sie sind in der Lage, in relativ sauberen Wasser tonnenweise und ohne Jemanden  zu fragen (!) Biomasse zu produzieren. Irgendwann sterben die blauen Algen ab und der Schönungsteich hat mit der stinkenden und sich zersetzende Algenpampe zu kämpfen.

Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich.

Klar, dass dann die Überwachungswerte überschritten werden, sozusagen eine nachschüssige Eutrophierung wegen vorschüssiger Elimination gelöster Nährstoffe. Schwer zu verstehen? Um es zu veranschaulichen: Nehmen wir an, auf dem Frühstücksteller eines Lesers liegt ein leckeres CSB/N/P-Marmeladenbrötchen! ? Gut! Hackepeter geht auch! Wenn der Leser diesen isst, dann reduziert er die Schmutzfacht auf seinem Teller und verursacht nachschüssig eine Umweltverschmutzung, denn aus Hackepeter wird (…) später!

Es gibt noch mehr Fälle der Selbstverschmutzung der Gewässer, aber belassen wir es bei den dreien.

Die Selbstverschmutzung der Natur ist die Regel des Lebens!

Zu glauben also, das ein Schönungsteich den Kläranlagenablauf schön macht, ist demnach eine reichlich naive und weltfremde Vorstellung.

Solche Selbstverschmutzungszenarien werden in der Schule im Fach “Verwaltungsrecht” oder “Wasserrecht” nun aber gar nicht vermittelt. Und das ist ein Problem. Selbstverschmutzungen passen einfach nicht in unsere Vorstellungen vom Einklang in oder mit der Natur. Die unerkannte Selbstverschmutzung ist der Katalysator für unsere Risikofurcht und Kontrollbedürfnisse.

Auf Grund gewisser Defizite wird als Gewässerverschmutzungsschuldiger in solchen Fällen der Geschäftsführer oder Bürgermeister ausgemacht. Dass es die Natur sein selbst könne, darauf kommt niemand. Und wenn der Schönungsteich wieder verschmutzt wird, dann “gehört der menschliche Schmutzfink eingesperrt” habe der Schuld oder nicht. Dem Grunde nach hat er immer Schuld und das ist gut so, denken alle Gutmenschen. So gesehen ist die Selbstverschmutzung eines Schönungsteiches auch ein Straftatbestand der Gewässerverschmutzung und “der gehört nunmal verboten!”

Was passiert wohl , wenn so ein natürlicher Schlammfladen in die Probeflasche gelangt?

Deshalb möchte mancher Abwasserzweckverband, dass die Probenahmestelle für die Qualitätsprüfung des Kläranlagenablaufes vom Auslauf zum Einlauf des schönen Teiches verlegt wird.

Und genau das möchte die nun die Wasserbehörde meistens wieder nicht: Der Schönungsteich gehört zur Kläranlage und da kann man nicht plötzlich einen Anlagenteil von der Überwachung ausklammern und sich von der Mitschuld der natürlichen Selbstverschmutzung davon stehlen. Basta!

Auch kann der Abwasserzweckverband ja z.B. eine Heizschlange in den Schönungsteich legen und anschließend das Wasser verdampfen. Zweifellos Stand der Technik. Das hört sich skuril an. Aber das was mitunter gemacht und gedacht wird, ist von dieser Veranschaulichung nicht sehr weit entfernt.

Bei kochendem Wasser gibt es keine Selbstverschmutzung, weder Blaualgen noch in das Wasser unerlaubt sch… Wasservögel.

Irgendetwas muss ich ja dem Geschäftsführer raten, der mit einem Bein im Schönungsteich und mit dem anderen im Knast steht.

Ich bin zwar für Schönungsteiche und sehe sie als eine Bereicherung für die Natur, auch gerade für solche Tiere, die das Wasserrecht aus der Natur verbannt.

Zudem hält mancher Geschäftsführer dicke Karpfen in seinem Schönungsteich, die gemeinsam mit dem Leiter der Kläranlage ab und zu geangelt werden. Über den Verzehr der Karpfen gehen die Meinungen auseinander. Die einen sagen so und die anderen so.

Wenn aber die wasserbehördliche Vorstellung davon, wie die Natur zu sein hat, von der wie die Natur tatsächlich ist, abweicht, kann ein solcher Schönungsteich eine Last und ein Risiko sein.

Wie sehen Sie die Problematik oder/und welche verwaltungsrechtliche Lösung fällt Ihnen ein?

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4 Antworten zu “Eine moderne Kläranlage…”

  1. Aus der Verwaltung, für die Verwaltung sagt:

    Sehr geehrtes Halbachteam,
    eine sehr gelungene Einstimmung in das Thema!

    Hier kommt natürlich wieder ein Grundtenor -problem zum tragen, der wie ein Uroborus (der sich selbst in den Schwanz Beißende)- scheint.
    Grundsätzlich hängt Verwaltung, davor der immer der Gesetzgeber, den aktuellen, tatsächlichen Anforderungen hinterher. Kaum hat dieser einen Sachverhalt, der dringend einer Regelung bedarf, festgelegt, so ist der materielle Grund, der dieser Entscheidung als Grunde lag dient schon nicht mehr aktuell, überholt oder aber sogar, wie in diesem Fall mutmaßlich falsch.
    Ursprüngliche Intension des Gesetzgebers war natürlich das berechtigte Interesse an einen intakten Wasserhaushalt mit hohen ökologischen Standards. Über gesetzliche Anforderungen werden natürlich auch dann technische Regelwerke und nicht zu letzt auch die bekannten a. a. R. d. T. aus- u. neuformuliert. Die Realität kennt immer „den Sonder. bzw. den abweichenden Fall“ vom Üblichen, ist aber zumeist dem Mittelwert einer Grundgesamtheit verpflichtet. Damit bleiben dann mal mehr, mal weniger spezielle Sachverhalte außen vor. Hier ist dann im besonderen Sorgfalt und Verstand gefragt. Worum geht es eigentlich?

    Soweit ich weiß, hat ein Schönungsteich nicht die Funktion im Sinne einer Behandlungsanlage, sondern soll nachgeschaltet der “Schönung” dienen. Es ist sicher richtig, dass der Schönungsteich mit zur Gesamtanlage gehört, im Wesen werden hier aber andere Zielstellungen verfolgt. Niemand erwartet vom Kläranlagenzulauf bereits, dass dieser eine Abreinigung bewerkstelligt. Dieser gehört aber ebenso zur Gesamtanlage.

    Ich habe ein positives Menschenbild und hoffe deshalb immer auf die Menschen, die zugänglich für die Vernunftsgründe sind. Verwaltung ist eine gute Sache und meint ja immer den Fall, in dem eine Sache, ein Verhalten, ein Zustand, wie auch immer, aus der Bahn bricht. Wenn man die sachlichen Gründe sauber analysiert und darstellt, sollte eine Entscheidung zu Gunsten des Abwasserzweckverbandes, der Vernunft zu Ehren möglich sein.
    Wäre hinter dem Teich im Ablauf, ein natürliches Oberflächengewässer, ein Teich in dem genau der beschriebene Prozess der Selbstverunreinigung statt fände, würde auch niemand behördlicherseits intervenieren, solange dadurch keine Gefährdungen oder anderes zu besorgen wäre.
    Lesarten, die Gesetze und Verordnungen zu unvernünftigen Barrieren werden lassen, müssen dringend geändert oder abgeschafft werden. Dafür muss das Bewusstsein durch die tatsächliche Realität geschärft und kommuniziert werden.

  2. Uwe Halbach sagt:

    Danke für den Kommentar!

    Bin gespannt, auf die Meinung der betroffenen Kommunen und Verbände.
    Mit besten Grüßen

    U. Halbach

  3. Kaufhold sagt:

    Liebe Teichfreunde,

    mit einem kleinen bewachsenen Bodenfilter am Auslauf eines Teiches löst man die ggf.auftretenden Probleme. In Gemeinden des ländlichen Raum´s erfolgt die Entwässerung i.d.R. mit Mischwasserkanalisationen. Teiche in Kombination mit einer technischen Hochlaststsufe (für Stromsparer meistens Scheibentauchkörper )dienen neben der Schönung des Trockenwetterablaufs ebenfalls der Mischwasserbehandlung im Regenwetterfall. Dafür wird neben dem hydraulischen Engpass Bodenfilter auch immmer ein Notüberlauf für den Regenwetterfall vorgesehen. Damit regeln sich viele kosmetische Probleme auf natürliche Art und Weise und alle sind zufrieden. Wir betreiben in dieser Konfiguration bisher 3 Anlagen, die 4. ist im Bau, Nr. 5 und 6 in Planung.

    Ein Teich sollte zum Pflichtbestandteil jedes Kläranlagenprojektes gemacht, als Ausgleichsmaßnahme angerechnet und aus Mitteln der Abwasserabgabe finanziert werden!

    Mehr unter Projekt Walse

    Schöne Grüße
    Winfried Kaufhold
    Betriebsleiter EW Wasser

  4. Uwe Halbach sagt:

    Sicher eine interessante und zweckmäßige Variante.

    Bei den betroffenen ostdeutschen Schönungsteichen handelt es sich meist um größere Kläranlagen und auch um Abwasserteiche.

    Mir ging es bei dem Beitrag ebenso um die Ignoranz der Naturgesetze bei gleichzeitiger Dominanz des Wassergesetzes und insbsonderee um die Verhältnismäßigkeit.

    Welchen Effekt hat eine Schönungsstufe nach einem Schönungsteich, wenn das Mehrfache der zurückgehaltenen Frachten z.B. bei Starkregen von den Äckern und Wiesen in die Bäche und Flüsse geschwemmt wird?

    Wenn gewaltige Einträge von CSB, BSB, N und P durch die Düngung, durch die Regenentlastung (RÜB), durch den Lufteintrag, durch den Laubfall oder schlicht durch das Ablassen von Fischteichen ebenso in die Gewässern – ohne Abwasserabgabenerhebung oder ohne Definition eines Tatbestandes einer Gewässerverschmutzung – gelangen?

    Insofern ist es unverhältnismäßig und diskriminierend, wenn einerseits Kommunen und Abwasserzweckverbände genötigt werden, milligrammweise die Ablaufparameter ständig – meist nach Gefühl und Glauben – zu minimieren und wenn andererseits das Mehrfache der Frachten nach dem Kläranlagenablauf wieder in die Gewässer strömen.

    Das ist ein Thema, über das könnte man ewig streiten.

    Der Ingenieur lebt solange glücklich und zufrieden in seiner Gummizelle, wie er nicht aus dem Fenster schaut und beginnt selber zu denken.

    Mit besten Grüßen

    Ing. U. Halbach

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