20 Jahre Institut für Abwasserwirtschaft Halbach

Es war an einem Mittwoch vor 20 Jahren, am 6. November 1989, als ich wohl als erster Ingenieur die Zulassung von Herrn Reimann (Mitglied des Rates für Umweltschutz und Wasserwirtschaft vom Rat des Bezirkes Karl-Marx-Stadt) zur Führung eines Wirtschaftsbüros für Abwasserwirtschaft der Fleischindustrie erhielt.

Als Aufgabe wurde vorgeschrieben:

1.        Unterstützung der (DDR) Betriebe bei der effektiven Nutzung vorhandener Abwasseranlagen und

2.        Schaffung von objektbezogenem, wissenschaftlich-technischem Vorlauf für Rationalisierung, Modernisierung bzw. Neubau von Abwasseranlagen.

Gut einen Monat später erhielt ich vom Rat des Bezirkes meinen Stundensatz für den ich zu arbeiten hatte: 15,00 M (DDR-Mark). Grundlage war das DDR-GBL, Teil II, Nr. 45 von 1971.

Als ich mit meinem 1-Mann-Wohnzimmerbüro meine freiberufliche Tätigkeit aufnahm, hatte ich schon Aufträge für ein Jahr angesammelt.

Ich war vorher u. a. im Institut für Geflügelwirtschaft Merbitz als Forschungsthemenleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter für wasserwirtschaftliche Themen und im Fleischkombinat des Bezirkes Halle als Wasserbeauftragter für Schlachthöfe und Abdeckereien zuständig.

Nach kurzer Zeit verschwanden fast alle DDR-Betriebe der Fleischwirtschaft – heute würde man es Finanzkrise nennen – von der Bildfläche und wir verlagerten unseren Schwerpunkt auf kommunale Dienstleistungen. Da damals die Planungsbüros wie Pilze aus dem Boden schossen, war es notwendig sich abzugrenzen und so beschlossen wir ein unabhängiges Institut zu werden.

Der Weg dahin war und ist schwer, denn die „andere Wahrheit” und die Unabhängigkeit hat einen höheren Preis, den nicht alle Auftraggeber bezahlen dürfen, wollen oder können.

Ungeachtet solcher Schwierigkeiten haben wir uns zu einem leistungsfähigen interdisziplinären Institut entwickelt, das auch in der Zukunft ein verlässlicher und erfahrener Partner sein will.

20 Jahre erfolgreicher Kampf am Markt eines ostdeutschen Büros ohne Partner aus den alten Bundesländern ist in erster Linie dem Team zu verdanken, das sich immer mit hoher Kompetenz und voller Einsatzbereitschaft in den Dienst der Kommunen und Unternehmen stellte.

Auch wenn wir unseren heutigen Stand ohne fremde Hilfe selber erarbeiteten, so haben wir manchen Rat aus den alten Bundesländern erhalten und dankbar aufgenommen.

Schließlich bleibt mir noch, mich für das Vertrauen herzlich zu bedanken, welches unsere kommunalen und industriellen Auftraggeber uns entgegen brachten.

Auch unsere Arbeit ist meist die eines Teams und in das Ergebnis fließen am Ende auch zahlreiche Erfahrungen und konstruktive Hinweise unserer Auftraggeber ein.

So gesehen sind wir seit 20 Jahren nicht nur eine Datenbank kommunaler Erfahrungen, sondern wir, also eher ich, haben 2 Wasserwirtschaften kennengelernt. Das schärft den Blick.

Zuerst war es eine wissenschaftlich nachvollziehbare, auf Naturgesetzen beruhende, aber in der Realisierung eher impotente DDR-Wasserwirtschaft und dann eine hochpotente, aber in ihren Zielen und Effekten zu oft auf Glauben, blindem Aktionismus, Nachhaltigkeit, Ideologie, und Vorsorgeängsten beruhende, voll kommerzialisierte, bürokratische sowie wissensdestruktive Wasserwirtschaft, die den Namen „Wasserwirtschaft” eigentlich nicht verträgt. Der scharfsinnige Nicolás Gómez Dávila scheint das Problem gekannt zu haben: „Der Fortschritt verdummt den Fortschrittler dermaßen, daß er nicht mehr in der Lage ist, die Dummheit des Fortschritts zu erkennen.

Nun, ich weiß nicht, welche Wasserwirtschaft die bessere war oder ist und es spielt auch keine Rolle.

Uwe Halbach

Eine Antwort zu “20 Jahre Institut für Abwasserwirtschaft Halbach”

  1. M. Breuer sagt:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich bedanke mich für den scharfsinnigen und überaus zutreffenden Kurzabriss der wasserwirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre. Nur zu gut kann ich den Inhalt des Newsletters nachvollziehen. Seit 1991 bis Anfang diesen Jahres habe ich in einer sächsischen Kleinstadt alle Fassetten des “Aufbaus” einer geordneten Abwasserentsorgung miterlebt und miterlernt. Angefangen von Kläranlagen mit einem Einzugsgebiet eines nahezu ganzen Landkreises mit wahnwitzigen 100.000 EW bis hin zu leitungsgebundenen Abwassertransportwegen vom mehreren Dutzend Kilometern. Das “Beratungspotential” entstammte mindestens zu gleichen Teilen genau aus der von Ihnen so treffend beschriebenen Ansichten von “Wasserwirtschaft”. Letztendlich können sich die Ergebnisse, die auf einer richtig verstandenen und umgesetzten “Wasserwirtschaft” beruhen, sehen lassen. Nicht zuletzt lässt sich dass auch an den Schuldenständen einiger Zweckverbände und Gemeinden im Bereich der Abwasserentsorgung messen. Jetzt arbeite und lebe ich hier in Bayern. Was ich mit Sicherheit sagen kann, die wasserwirtschaftlichen Ziele, zumindest die Ausrichtungen, sind die Gleichen. Die Wege zu diesen Zielen sind, dass insbesondere in Bezug auf Nachhaltigkeit, Effektivität und Bürokratismus, andere. Auf meinem bisherigen Weg haben mich die Erkenntnisse Ihres Institutes stetig begleitet und waren, und sind mir auch in Zukunft, ein zuverlässiger Helfer. Ich wünsche Ihrem Institut, dass auch in weiteren und mehr noch als 20 Jahren der Begriff “Wasserwirtschaft” die Arbeitsgrundlage für den Inhalt dieses weitreichenden Fachgebietes bleibt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Matthias Breuer

    Gemeinde Neuried

Hinterlasse eine Antwort