Dunkle Eigenschaften der 4. Gewalt (Medienmacht)

Wesentliche Eigenschaften, die die Medienmacht als eine besondere Macht charakterisieren:

“Erstens fehlt für sie jegliche vom Grundgesetz her definierte Legitimationsprozedur. Sie wird weder gewählt noch ernannt, sondern bildet sich selbst nach eigenen Gesetzen. Daher gibt es die Möglichkeit, dass die Medienlandschaft von einer relativ kleinen Gruppe unterwandert wird, die (völlig illegitim) dem Volk und seinen Repräsentanten ihre Meinungen und Einstellungen aufzwingt.”


“Zweitens geht mit der fehlenden Legitimität Unkontrollierbarkeit und Verantwortungslosigkeit einher. Selbst ein absoluter Monarch der Vergangenheit, keinem Gesetz und Gericht Verantwortung schuldig, betrachtete sich doch als Werkzeug Gottes. Man konnte deshalb sagen, er sei durch „das Gericht der Geschichte” verurteilt worden. Heute können Regierung und Parlament abgewählt und sogar vor Gericht gestellt werden. Nichts Ähnliches kann mit den Medien passieren, die anscheinend nichts entscheiden, sondern lediglich „ihre Meinungen” kundtun. Nur in den seltensten Fällen können sie aufgrund einer direkten Lüge, die einem Individuum nachgewiesenermaßen schadet, belangt werden. Eine allgemeine Lüge und Manipulation dagegen ist straffrei.”

“Drittens unterscheidet sich die Mediengewalt von der klassisch moralisierenden Macht der Kirche (Synagoge, Moschee) durch die ausschließlich negative Ausrichtung der betulich abgesonderten Botschaften. Jene alten Autoritäten hatten in ihrer wertenden Funktion ein positives Ideal sowohl jenseits (Gott), als auch diesseits (heiliges, gerechtes Leben). Der moralisierenden Gewalt der modernen Medien ist die positive Seite vollständig abhanden gekommen. Sie stützen sich allein auf die niedrigsten Gefühle der Menschen: Angst, Empörung, Hass, Neid. Positive Nachrichten finden kaum mehr einen Platz.

Zitate aus:

Écrasez l’infâme!
Die „vierte Gewalt” im Staate gehört in gesetzliche Schranken verwiesen.
Die Medienapparate dienen nur noch sich selbst und manipulieren das Gemeinwohl.
Eine Entrüstung von Boris Kotchoubey.

NovoArgumente 110,111 01 – 4 2011
S. 102-107

Boris Kotchoubey ist Professor am Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie an der Universität Tübingen

Siehe auch:

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