Sehr geehrter Herr Halbach,
ich habe Ihren Bericht über 3-Kammerklärgruben gelesen.
Wir sind ein kleines Dorf ohne Kanalisation oder zentralem Klärteich.
Ende der 90er Jahre wurden wir alle verpflichtet eine 3-Kammer-Klärgrube mit nachgeschaltetem Klärteich zu bauen.
Die Anlagen funktionieren alle gut.
Doch es gibt immer wieder Unklarheiten über die Entsorgungen der 3 Kammergruben.
Der zentrale Wasserversorger zwingt uns zur jährlichen Abfuhr, ohne die Inhaltsmengen zu prüfen.
Er saugt die Kammern restlos leer und berechnet.
Jetzt meine Fragen.
Ist eine jährliche Abfuhr Vorschrift, egal wie voll oder leer die Anlage ist?
Müssen alle drei Kammern restlos geleert werden?
Soll nicht ein Rest verbleiben damit der Bakterienbestand erhalten wird?
Im Voraus schon vielen Dank für Ihre Mühe.
***
Schleswig-Holstein
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Antwort
Sehr geehrter Herr ***,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Zu Ihren Fragen:
Zunächst unterliegt die Wartung und der Betrieb von Kleinkläranlagen den Interessen von Lobbyisten und ist mitunter eine Sache des Glaubens.
Wasserbehörden unterstützen – meist wohl aus Nichtwissen – Lobbyinteressen, wenn Regelwerke der Industrie ohne unabhängige Prüfung als verbindlich einzuhalten erklärt werden. Vergleiche:
„DIN-Vorschriften und sonstige technische Regelwerke kommen hierfür als geeignete Quellen in Betracht. Sie haben aber nicht schon kraft ihrer Existenz die Qualität von anerkannten Regeln der Technik und begründen auch keinen Ausschließlichkeitsanspruch. Als Ausdruck der fachlichen Mehrheitsmeinung sind sie nur dann zu werten, wenn sie sich mit der Praxis überwiegend angewandter Vollzugsweise decken. Das wird häufig, muss aber nicht immer der Fall sein. Die Normausschüsse des Deutschen Instituts für Normung sind pluralistisch zusammengesetzt. Ihnen gehören auch Vertreter bestimmter Branchen und Unternehmen an, die ihre Eigeninteressen einbringen. Die verabschiedeten Normen sind nicht selten das Ergebnis eines Kompromisses der unterschiedlichen Zielvorstellungen, Meinungen und Standpunkte.„
Ich kann Ihnen ohne größeren Aufwand nur mitteilen, wie ich es handhabe:
1. Ist eine jährliche Abfuhr Vorschrift, egal wie voll oder leer die Anlage ist?
Antwort:
- Messung des Schlammspiegels mit Brett und Latte
- dann Entleerung nach Bedarf
2. Müssen alle drei Kammern restlos geleert werden?
Antwort:
- Nein, nur der Schlamm ist zu beräumen. Es gilt für die Beräumung die DIN 4261-1, d. h. , es kann auch teilweise beräumt werden.
3. Soll nicht ein Rest verbleiben, damit der Bakterienbestand erhalten wird?
Antwort:
Es wird behautet, dass es notwendig sei. (30 cm Impfschlamm „sollten“ verbleiben, d. h. er muss nicht verbleiben. Wenn der Schlamm auf einer Kläranlage entsorgt wird, spielt es ohnehin keine Rolle, ob er ausgefault ist oder nicht. Sinn hat Impfschlamm nur bei einem mehr als 5-jährigen Abfuhrzyklus und nur bei Mehrkammerausfaulgruben. Und bei so langen Faulzeiten benötigt eine Faulgrube auch keine Impfung. Fäkalien sind genügend geimpft, wie jedes kleine Kind schon riecht.)
Ein Beweis, dass es tatsächlich notwendig ist, liegt mir nicht vor.
Ich glaube nicht, dass es notwendig ist.
Auch für das umgehende Füllen der Gruben mit Wasser sehe ich keinen fachlich nachvollziehbaren Grund, der den zusätzlichen Aufwand mit Blick auf den verschwindend geringen zusätzlichen Nutzen auch nur in Ansätzen rechtfertigen würde.
Siehe auch:
Spiegelt sich die deutsche Seele schon im Schlamm?
Wird zwar verpönt, funktioniert aber: Schlammspiegelmessung selbst gebaut
Weitere Hinweise:
Schlammentnahme nach DIN 4261-1
Einkammerabsetzgruben nach 70% Füllung des Nutzvolumens
Mehrkammerabsetzgruben nach 50% Füllung des Nutzvolumens
Mehrkammerausfaulgruben nach 50% Füllung des Nutzvolumens
Nutzvolumen:
Einkammerabsetzgruben: 300 l/Einwohner und mindestens 2.000 l Gesamtnutzvolumen
Mehrkammerabsetzgruben: 500 l/Einwohner und mindestens 2.000 l Gesamtnutzvolumen dürfen bis 4.000 l als 2-Kammergrube ausgebildet sein
Mehrkammerausfaulgruben: 1.500 l/Einwohner und mindestens 6.000 l Gesamtnutzvolumen und müssen mindestens als 3-Kammergruben ausgebildet sein
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Mit besten Grüßen
Uwe Halbach
ö.b.u.v. Sachverständiger für Abwasserbeseitigung
im Institut für Abwasserwirtschaft Halbach
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