… in einer vor Kälte klirrenden Winternacht.
Ist die Natur Freund oder Feind? Das kommt darauf an, wie die Frage, ob der Mensch natürlich ist, beantwortet wird.
Und schwupp – schon könnten wir religiöse Interessen berühren. Glauben wir nämlich, dass der Mensch kein Teil der Natur ist, sondern über oder neben ihr steht, dann landen wir beim Einklangswunsch und -glauben mit der Natur, also bei der Naturromantik. Nehmen wir dagegen an, der Mensch ist natürlich Teil der Natur. Dann ist die Natur, wenn sie bezwungen wird, ein Freund und sonst der Feind.
Der Mensch steht gegen die feindliche Natur im Kampf, z. B. gegen die Kälte dieses Winters und mancher wird froh sein, wenn die natürliche Kälte ihn nicht umbringt und mancher wünscht sich vieleicht sogar ein wenig mehr CO2 in der Luft.
Der Wissenschaftler Michael Braungart hat zur Naturromantik folgende Überlegungen:
„Ich mache mir Sorgen.
Im Gegensatz zu den Niederländern, die seit jeher mit der Bedrohung des Meeres konfrontiert sind, romantisieren die Deutschen die Natur.
Dabei wird übersehen, dass die krebserregendsten und giftigsten Stoffe immer noch in der Natur zu finden sind.
Es gibt keine Mutter Natur, wir sind von ihr übelst behandelt worden. Dagegen haben wir uns gewehrt und die Umwelt zerstört. Deswegen haben wir nun ein schlechtes Gewissen.
Aber wir müssen uns nicht dafür entschuldigen, hier zu sein.
Das Problem ist, dass in Deutschland das Umweltthema moralisch aufgeladen und Schuldmanagement betrieben wird, vor allem von den Grünen und Umweltorganisationen, deren Mitglieder sich als Gutmenschen stilisieren.
Die Deutschen wachen auf und denken sich: Ich bin zu hundert Prozent Schwein, und mein Ziel ist es, nur zu neunzig Prozent Schwein zu sein. Besser wäre, mich gäbe es nicht.“
Vielleicht noch eine abschließende Bemerkung:
Gegen unsere Naivität hilft oft weder Bildung noch Wissen. Aber Erfahrung heilt den Irrsinn der Seele meist auf rationellste Weise. Und jetzt ist es die beste Zeit zur Heilung des Geistes durch Naturkräfte.
Wer an Mütterchen Natur glaubt und die Festigkeit seines Glauben prüfen will, der möge durstig und ohne Abendbrot bei minus 10°C und bei schwachen Winden nur eine einzige Nacht im Freien, in einer offenen, nach Nordwest gerichteten Bushaltstelle verbringen. Der Erfahrungsgewinn dürfte einige Jahre seiner Schulbildung übersteigen.
Und ich bin gespannt, ob der Proband dann am folgenden Morgen immer noch von Mütterchen Natur und vom Einklang mit der Natur faselt. Sein Sein bestimmt nun sein Bewusstsein!
Damit dürfte klar sein, dass der geistige Horizont der Naturromantiker wenigstens von 2 Voraussetzungen abhängt, die alle gleichzeitig eintreten müssen: Warmes Wohnzimmer und gefüllter Magen. Naiv gestaltete Fernsehsendungen dienen dabei als Katalysator, sofern sie eigenes Denken ausschließen.
Uwe Halbach