Wer ist verantwortlich für den Nutzen von behördlichen Auflagen?

Momentan schreibe ich gerade an einem spannenden Gutachten für einen Abwasserzweckverband, dem die Verschärfung der Überwachungswerte für die Einleitung von gereinigtem Abwasser in einen Vorfluter angekündigt wurde.

Gegenstand ist die Prüfung der Verhältnimäßigkeit verschärfter Überwachungswerte.
Doch die allerschönste Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist nichts wert, wenn die Auffassung gilt, es sei unzulässig, den Zweck oder die Verhältnismäßigkeit fachbehördlicher Auflagen und Vorstellungen zu prüfen. Solche Ergebnisse seien nicht relevant.

Vor einigen Wochen meinte sogar ein Umweltamtsleiter, dass Geld und zusätzlicher Nutzen aus einer Verschärfung der Überwachungswerte keine Rolle spielen und er sagte das völlig ernst. Offensichtlich steht manchmal die Vorsorge über jeder Vernunft.

Ich muss zugeben, das hat mich schon gewaltig irritiert und wenn ich zurückblicke, stelle ich fest, dass die Wasserwirtschaftler nicht nur im Osten bei der Gewässerbewertung schon einmal weiter waren.
Wasserbehörden beziehen sich in den Begründungen ihrer Verschärfungen gern auf Gutachten von Fachbehörden.

Wer aber versucht, z. B. als Geschäftsführer eines Abwasserzweckverbandes, mal an solche Dokumente zu gelangen, wartet manchmal Monate und im Falle meines o. g. Gutachtens wurde diese fachbehörliche Stellungnahme trotz Umweltinformationsgesetz gar nicht erst herausgerückt und dies ohne Begründung.
Nun könnte man denken, es ginge um die Abwässer einer wohl geheimen Fabrik in der Kalium mit einer Säure, die blau macht, verbunden wird und deren Produkte für die Goldgewinnung benötigt werden. Klar, dass hier schon eine gewisse Vorsorge angebracht ist, wo doch schon 1 Millionstel Gramm davon im Bachwasser genügt, damit viele (nicht alle) Fische kieloben schwimmen.

Nein, es ging bei der Verschärfung der Parameter nicht um Gifte. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung standen eher harmlose Stoffe oder deren Gruppen wie CSB, BSB5 und Nährstoffe. Es ging auch nicht um die Mindestanforderungen, sondern um deren Verschärfung und das Tolle, man konnte in diesem Fall sogar augenscheinlich in der Natur erkennen, dass der mit der Verschärfung gewünschte Effekt nicht eintreten würde, da die Gräben vor dem Einlauf einer Kläranlage schon verschmutzt sind, sodass die geplante Verschärfung der Mindestanforderungen verpuffen würde.

Sollen die Mindestanforderungen für die Einleitung von Abwasser in Kläranlagen verschärft werden, so sind konkrete Ziele zu definieren. Der sog. „gute Gewässerzustand“ ist abstrakt und beliebig manipulierbar. „Verkauft“ wird den Kommuen meist nur der gute wasserchemische Zustand. Empfängern einer wasserrechtlichen Erlaubnis mit verschärften Anforderungen wird regelmäßig verschwiegen (oder die Bearbeiter kennen die WRRL nicht hinreichend), dass für den guten Gewässerzustand ebenso der nur selten erreichbare gute hydromorphologische Zustand notwendig ist. Damit wäre das Ziel verfehlt oder nicht erreichbar, was auch keine Katastrophe sein muss, da die im Einzugsgebiet des Baches hin und wieder und je nach dem grasenden Mastbullen sich um den guten Gewässerzustand nicht kümmern. Manches Abprodukt nicht nur des Rindviehs, besteht nun mal aus Stickstoff und Phosphor.

Für die Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit und des Nutzens behördlicher Auflagen, mit denen über die Mindestanforderungen hinausgegangen wird, scheint es keinen Verantwortlichen zugeben. Der Aktionismus beginnt zumeist erst mit der Wahl der abwassertechnischen Lösung. Ob das Ziel aber verhältnismäßig und ob es überhaupt ereichbar ist, dafür interessiert sich – zumindest bei den kleinen Projekten oft kein Mensch.
Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit wäre allein Aufgabe der Kommune, ihrer Verbände und ihrer Planungsbüros, so lautet mitunter die behördliche Meinung.

Dass es auch total anders geht, bewies z. B. das Wasserwirtschaftsamt Hof mit einem Maßnahmeprogramm und seinen Methoden zum Schutz der Flussperlmuschel:
· Verschärfungen der Überwachungswerte
· Einleitverbote für gereingtes Abwasser
· Kauf von landwirtschaftlichen Nutzflächen für Uferschutzstreifen
· Information und Verteidigung des Gewässerschutzkonzeptes vor den betroffenen Kommunen und Bürgern
Sicher fiel die Förderung recht hoch aus.
Hier ist Gewässerschutz aber konkret, ganzheitlich und auf ein bestimmtes Einzugsgebiet zugeschnitten.
Auf jeden Fall aber ist ein solcher Gewässerschutz beispielhaft, komplex, nachvollziehbar und prüffähig.

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