Ist die Umkehr der Beweislast (noch) rechtens?
In einer Situation, in der eine Behörde Grund zu Besorgnis einer Gewässerverschmutzung hat, ist es in Deutschland üblich, dass die „angeklagte“ oder verdächtigte Kommune solange Daten und Argumente sammeln muss , bis sich die besorgte Behörde von ihren Ängsten befreit sieht.
(Wer sich mehr für die Katze intessiert, der sei an das Ende des Textes verwiesen.)
Da wir ja wissen, dass niemand unfehlbar ist und jeder Sorgen und Bedenken zu Hauf kultiviert, hat eine Kommune oder ein Abwasserzweckverband sehr schlechte Karten die Sorgen einer Behörde zu zerstreuen. Auch taktisch ist der Abwasserbeseitigungspflichtige erheblich im Nachteil, denn es ist ein gewaltiger Unterschied, ob eine Kommune ein behördliches Gutachten bewertet oder ob es andersherum gewollt ist.
Um die Problematik an einem übertragenen Fall aus dem Leben eines behördlich besorgten und sogar besonders qualifizierten Gewässerschützers zu veranschaulichen:
„Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass infolge der Nutzung eines Autos als gefährliches Fortbewegungsmittel bei starkem Verkehr eine tödliche Verunglückung des Autofahrers eintreten kann.“
So ähnlich wurde die Sorge formuliert, an der nun eine Untere Wasserbehörde und ein Abwasserzweckverband ins Schwitzen kam. Ins Schwitzen deshalb, weil sie die Sorge nicht Teilen und weil der Grund der Sorge eher im Bauch des Besorgten als in der Realität zu finden war.
Niemand kommt auf den Gedanken Autos zu verbieten, obwohl sicherlich jährlich mehr Menschen durch den Straßenverkehr zu Tode kommen, als in den letzten 50 Jahren durch eine Trinkwasserverschmutzung durch Nitrat oder ganz aktuell durch Uran.
Und nun hat der Abwasserbeseitigungspflichtige erheblichen Stress und Kosten, um die Sorge zu entkräften, wobei der Erfolg immer ungewiss ist, denn selbst das beste Gutachten kann durch Ignoranz entwertet werden.
Der im deutschen Wasserrecht noch (?) üblichen Umkehr der Beweislast ist nach der Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften eher in Ausnahmefällen zu folgen.
Kommunen und Verbände dürften eine solche Ausnahme darstellen, denn in den Mitteilungen der EU-Kommission wird von folgenden Voraussetzungen für die Umkehr der Beweislast ausgegangen, die bei kommunalen Abwässern wohl eher fehlen dürften:
- Bei Unternehmen soll die Beweislast umgekehrt werden
- Und betroffen sind Produkte bzw. Substanzen, die „a priori“ als gefährlich angesehen werden
- Dazu zählen in der Regel nicht N, P und BSB5 sowie CSB
„Bereits heute ist es üblich, daß bei derartigen Maßnahmen festgelegt wird, wer für die Beibringung der wissenschaftlichen Beweise verantwortlich ist. In Ländern, die eine vorherige Zulassung (als Voraussetzung für das Inverkehrbringen) von Produkten vorschreiben, die sie „a priori“ als gefährlich ansehen, wird die Beweislast für den Nachweis eines Schadens umgekehrt, d. h. diese Produkte gelten solange als gefährlich, bis die Unternehmen die erforderlichen wissenschaftlichen Nachweise für deren Sicherheit erbringen können.“
Überhaupt ist die Umkehr der Beweislast dem Grunde nach ein bedenkliches und höchst fragwürdiges Instrument einer konstruierten Rechtslage, das eher in Ausnahmefällen anzuwenden wäre und beim Einsatz in [1] Kommunen und Verbänden kaum nachvollziehbar ist.
U. Halbach
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[1] gegen?
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